Jahresbericht der Schienen-Control 2022: Angebotsrekord im Personenverkehr – Güterverkehr unter Druck

Ende Juni 2023 veröffentlichte die Schienen-Control ihren Jahresbericht. Darin finden sich Betrachtungen zum Schienenverkehrsmarkt des Jahres 2022.

Im Personenverkehr sind 2022 alle Leistungsindikatoren kräftig gestiegen. Der Wachstumstrend der Jahre vor 2020 wurde dadurch fortgesetzt. Aufgrund eines Fahrgastzuwachses stiegen die zurückgelegten Personenkilometer um mehr als 50 Prozent. Ausschlaggebend dafür war das Auslaufen von Maßnahmen gegen die COVID-19 Pandemie und die daraus resultierende Rückkehr zu Präsenz am Arbeitsplatz bzw. in der Schule. Gleichzeitig wurde das Bahnangebot durch Erweiterungen im Fernverkehr, allgemeine Verdichtungen im Fahrplan und Verlängerungen der Betriebszeiten im Nahverkehr auf Rekordniveau ausgebaut. Die durchschnittliche Fahrtweite pro Fahrgast betrug 43,9 km im Jahr 2022 – ein Rekordwert.

Die Hauptindikatoren des Schienengüterverkehrs zeigen für das erste Halbjahr noch gute Wachstumsraten. Im zweiten Halbjahr stagnieren die Indikatoren weitestgehend. Für das Gesamtjahr 2022 ergibt sich daraus eine gegenläufige Entwicklung der Kennzahlen: Einerseits konnte die Verkehrsleistung (Nettotonnenkilometer, Bruttotonnenkilometer) im niedrigen einstelligen Bereich gesteigert werden, andererseits ist das Aufkommen (beförderte Nettotonnen) in einem ähnlichen Ausmaß zurückgegangen. So zeigten die Marktdaten sowohl bei den gefahrenen Netto- als auch bei den Bruttotonnenkilometern leichte Zuwachsraten von 1,4 bzw. 2,4 Prozent. Bei den beförderten Nettotonnen wurde 2022 hingegen ein leichter Rückgang um 0,8 Prozent verzeichnet.

Der Marktanteil der Rail Cargo Austria war dabei abermals rückläufig (60,8 Prozent) – jener der Bahnen in Privateigentum erreichte kumuliert mit 24,7 Prozent einen neuen Höchstwert.

Zwar gab es 2022 im Gegensatz zu den Jahren zuvor vergleichsweise wenige Beschränkungen im internationalen Warenverkehr, allerdings machten dem Schienengüterverkehr andere Faktoren zu schaffen. Neben dem Mangel an qualifiziertem Personal hat sich der mittlerweile europaweit ausgeprägte Engpass beim verfügbaren Rollmaterial (der Triebfahrzeuge und Güterwagen gleichermaßen betrifft) weiter verschärft. Auch die vom Krieg in der Ukraine ausgelöste massive Steigerung der Bahnstrompreise ab Ende Februar 2022 und der daraus folgende rapide Anstieg des allgemeinen Preisniveaus hat die Eisenbahnunternehmen bzw. den Schienengüterverkehr vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Nicht zuletzt wirkten sich auch umfassende Infrastrukturarbeiten und baustellenbedingte Umleitungen im benachbarten Ausland (vor allem in Deutschland) auf die Planung und Durchführung von Verkehren aus. Aufgrund all dieser Umstände und der wieder gesunkenen Preise für Mineralöl verstärkte sich im Güterverkehr der Verlagerungsdruck hin zur Straße.

EVU mit positivem Feedback zum Standort

Mit 65 Unternehmen waren so viele wie noch nie dazu berechtigt im ÖBB-Netz Züge zu führen. Insgesamt waren im Jahr 2022 86 Eisenbahnunternehmen (Infrastruktur-, Integrierte-, und reine Eisenbahnverkehrsunternehmen) in Österreich gemeldet.

Eine Befragung der Eisenbahnunternehmen durch die Schienen-Control ergab eine insgesamt sehr positive Bewertung des österreichischen Marktes. Am besten bewertet wurden die Trassenvergabe, die Sprachkompetenz des Eisenbahnpersonals und die Qualität der Schulungseinrichtungen. Nachholbedarf sah die Branche bei der Konkurrenz durch andere Verkehrsträger, bei EU-weit uneinheitlichen Regelungen zur Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen und behördlichen Auflagen im Bereich Personal. Insgesamt wurde der Eisenbahnmarkt im Inland besser benotet als im Ausland.

Regulierungsarbeit für die Eisenbahnunternehmen 2022

Die Schienen-Control Kommission (SCK) eröffnete im Berichtsjahr 2022 Verfahren aus den Bereichen Serviceeinrichtungen und Serviceleistungen, Wegeentgelte und Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und trug damit zur weiteren Liberalisierung des Schienenverkehrsmarktes bei.

Eine wichtige Aufgabe der Schienen-Control ist die Vermittlung bei Trassenkonflikten zwischen dem Infrastrukturbetreiber und den Verkehrsunternehmen. Im Jahr 2022 wurden dazu zwei Verfahren geführt – einerseits konnte dabei der RailJet-Halt in Vöcklabruck sichergestellt werden, andererseits konnten in einem Gespräch zwischen Zulassungsstelle, Regulierungsbehörde und Eisenbahnverkehrsunternehmen Umleitungen vereinbart werden, sodass der Verkehr zwischen Wien und dem Burgenland trotz Baustellen im Sommer 2023 weitergeführt werden konnte.

Die Schienen-Control Kommission führte ein Verfahren zu Verschub-Dienstleistungen in Tirol. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) brachte vor, dass von ihm begehrte Dienstleistungen vom Servicebetreiber abgelehnt wurden. Die Schienen-Control konnte zwischen dem EVU und dem Servicebetreiber vermitteln und eine für beide zufriedenstellende Lösung finden.

Im Berichtsjahr 2022 führte die Schienen-Control Kommission ein Verfahren betreffend die Stationsentgelte des größten österreichischen Bahnhofsbetreibers. Im Zuge des Verfahrens wurde vom Bahnhofsbetreiber ein Abgrenzungsmodell entwickelt, das die Abgrenzung von Anlagen der Serviceeinrichtungen von jenen des Mindestzugangspaketes regelt.

Ein Verfahren zu Wagenmeisterleistungen ergab, dass eine Ungleichbehandlung der Eisenbahnunternehmen bei Verrechnungsspesen vorlag. Nach einer Prüfung der Schienen-Control Kommission wurde ein Bescheid ausgestellt, der die Entgelte für die Wagenmeisterleistungen für unwirksam erklärte.

Die Schienen-Control Kommission führte ein Verfahren in Bezug auf die für EVU verpflichtende Übermittlung ihrer Zug- und Wagendaten (betriebliche Mindestdaten) an den Eisenbahninfrastrukturbetreiber. Diese Übermittlung war für ein EVU im Schienengüterverkehr mittels Schnittstelle möglich, für andere Marktteilnehmer jedoch nicht. Das Infrastrukturunternehmen stellte im Zuge des Verfahrens die Übernahme der Datenschnittstelle des Mitbewerbers und die diskriminierungsfreie Zurverfügungstellung an alle EVU bis zur Inbetriebnahme eines Nachfolgesystems sicher.

Den gesamten Jahresbericht der Schienen-Control finden Sie auf unserer Website.

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